Modell 1

Einfache Moderation

Modell 1 - Einfache Moderation

1 Einleitung

Eine Moderationsanalyse ist eine statistische Technik, die in der multivariaten Regressionsanalyse verwendet wird, um zu untersuchen, wie eine unabhängige Variable (X) eine abhängige Variable (Y) beeinflusst, abhängig von den Werten einer oder mehrerer Moderatorvariablen (W). In anderen Worten, es wird getestet, ob die Stärke und/oder Richtung des Zusammenhangs zwischen X und Y durch eine dritte Variable, den Moderator (W), verändert wird.

Im regressionsanalytischen Ansatz wird die Moderatorvariable (W) in das Modell integriert, indem sie und ihre Interaktion (X * W) mit der unabhängigen Variable als Prädiktoren in die Regressionsgleichung aufgenommen werden. Ein Interaktionsterm, welcher in dieser Gleichung von 0 abweicht, deutet darauf hin, dass die Auswirkung der unabhängigen Variable auf die abhängige Variable von der Moderatorvariable moderiert wird.

Die Gleichung für eine einfache Moderationsanalyse sieht beispielsweise wie folgt aus:

Y = b0 + b1 * X + b2 * W + b3 * (X * W) + e

Dabei steht b0 für den Y-Achsenabschnitt, b1, b2 und b3 sind die Regressionskoeffizienten für die unabhängige Variable, die Moderatorvariable und die Interaktion zwischen den beiden – e ist der Fehlerterm.

2 Syntax

Der Syntax-Befehl, um eine einfache Moderationsanalyse nach dem Modell 1 auszuführen lautet dabei wie folgt:

process y=Y /x=X/ w=W /model=1.

Setze für Y, X und W die jeweiligen Namen Deiner Variablen ein. Darüber hinaus lassen sich noch folgende zusätzliche Befehle innerhalb einer Moderationsanalyse nutzen:

/center = 1 oder 2

Es erfolgt eine Zentrierung der an der Interaktion beteiligten Variablen (hier also X und W) – zentriert wird anhand des jeweiligen Mittelwerts. Mit 1 werden alle Variablen zentriert unabhängig davon, ob es sich um stetige oder kategoriale Variablen handelt. Mit 2 werden lediglich die stetigen Variablen zentriert – die kategorialen Variablen bleiben unberührt. Eine Zentrierung ist nicht sinnvoll, wenn die Variablen bereits z-Standardisiert sind.

/plot = 1

Im Fall einer signifikanten Interaktion wird am Ende der Ergebnisse ein Syntax-Befehl ausgegeben, der für eine Visualisierung genutzt werden kann.

/moments = 1

Mit diesem Befehl werden die Werte festgelegt, die zur Prüfung des Moderationseffekts und der Visualisierung genutzt werden. Die Standardeinstellung nutzt das 16%-, 50%- und 84%-Quantil. Mit der Änderung auf 1 werden stattdessen M – 1SD, M und M + 1SD genutzt. Die Quantile bieten sich an, wenn die Verteilungswerte des Moderators nicht symmetrisch sind.

/intprobe = .xy

In der Standardeinstellung wird die Testung der Interaktionen auf Basis von α = 10% durchgeführt.

/jn = 1

Um mittels Johnson-Neyman-Technik Signifikanzregionen angezeigt zu bekommen, kann der Befehl gleich 1 gesetzt werden.

Anmerkung: Um die Syntax des process-macro nutzen zu können, muss voher zwingend die Syntax aus der Datei process.sps ausgeführt werden! Die Datei ist beim Download enthalten.

3 Menü-Aufruf

Natürlich kann die Analyse auch über die grafische Benutzeroberfläche ausgeführt werden.

Analysieren -> Regression -> PROCESS v4.2 by Andrew F. Hayes.

 

Menü-Aufruf

Menü-Übersicht

Options-Übersicht

4 Beispiel – dichotomer Moderator

Nachfolgend soll anhand eines fiktives Beispiels eine Moderationsanalyse durchgeführt werden. Nehmen wir an in einem beispielhaften Schulklassenverband eines Jahrgangs wird ein Förderprogramm (X) zur Verbesserung der Lese-Fähigkeit (Y) durchgeführt. Das Kriterium wird dabei auf einer Skala von 1 – 10 gemessen; ein höherer Wert beschreibt eine bessere Lese-Fähigkeit.

Es werden insgesamt N = 120 Kinder zufällig der Experimental- (EG) und Kontrollgruppe (KG) zugelost. In der EG werden spezielle Fördertechniken eingesetzt, während die Kinder in der KG eigenständig ohne Betreuung lesen. Als Moderatorvariable dient das Vorhandensein einer Lese-Rechtschreib-Schwäche (W). In diesem Beispiel behandeln wir eine Moderation im Falle eines dichotomes Moderators, der wie folgt kodiert ist:

  • 0 = keine Lese-Rechtschreib-Schwäche
  • 1 = Lese-Rechtschreib-Schwäche

Für das vorliegende Beispiel wird eine puffernde – also eine den Effekt abschwächende – Wirkung durch die Lese-Rechtschreib-Schwäche angenommen.

Der Fall einer stetigen Moderatorvariable wird im nachfolgenden fünften Kapitel beschrieben.

Weitere Annahmen: unter methodischer und interpretatorischer Betrachtung, treffen wir noch die Annahme, das alle Kinder in beiden Versuchsgruppen eine vergleichbare Lese-Fähigkeit aufweisen, um die beobachteten Effekte mehr oder weniger eindeutig auf die Prädiktoren zurückführen zu können. Darüber hinaus nehmen wir an, dass die Voraussetzungen zur Berechnung/Interpretation von linearen Regressionsmodellen erfüllt sind. DIe Prämissenprüfung wird hier ausführlich diskutiert.

Nachfolgend sind die Beziehungen zwischen den Variablen konzeptualisiert:

 

Konzeptualisiertes Modell

Statistisches Modell

4.1 Datensatz

Der Datensatz kann zum Ausprobieren heruntergeladen werden: Datensatz – Model 1(A).

Darüber hinaus enthät die Datei die beschriebenen 120 Datensätze und vier Variablen:

  • ID
  • Y = Lese-Fähigkeit
  • X = Förderprogramm
  • W = Lese-Rechtschreib-Schwache

4.2 Syntax

Der Syntax-Befehl, um eine einfache Moderationsanalyse nach dem Modell 1 auszuführen lautet dabei wie folgt:

process y=Y /x=X/ w=W /model=1 /plot=1 /intprobe=.05.

4.3 Menü-Aufruf

Natürlich kann die Analyse auch über die grafische Benutzeroberfläche ausgeführt werden.

Analysieren -> Regression -> PROCESS v4.2 by Andrew F. Hayes.

 

 

Menü-Aufruf

Menü-Übersicht

Options-Übersicht

4.4 Ergebnisse

Die Darstellung der Ergebnisse ist nicht 1:1 möglich, da die SPSS-Ausgabe nicht für eine Publikation im Internet gedacht ist. Dementsprechend erscheinen sie hier gekürzt, was die Präambel und die Schlussbemerkungen (/plot-Befehl) angeht. Die numerischen Ergebnisse sind hingegen tabellarisch repliziert.

Run MATRIX procedure:
*****************************************************************************
Model : 1
Y : Y
X : X
W : W
Sample Size: 120
*****************************************************************************
OUTCOME VARIABLE:
Y

Model Summary            
R R-sq MSE F df1 df2 p
.85 .72 .67 97.54 3 116 < .001
Model            
  coeff se t p LLCI UCLI
constant 5.84 .15 39.01 < .001 5.55 6.14
X 2.12 .21 10.03 < .001 1.71 2.54
W -1.38 .21 -6.50 < .001 -1.80 -.96
Int_1 -1.17 .30 -3.92 < .001 -1.80 -.58
Product terms key:            
Int_1: X x W          
Test(s) of highest order unconditional interaction(s):            
  R2-chng F df1 df2 p  
X * W .04 15.37 1 116 < .001  
Focal predict: X
Mod var: W
           
Conditional effects of the focal predictor
at values of the moderatr(s):
           
W Effect se t p LLCI ULCI
0 2.12 .21 10.03 < .001 1.71 2.54
1 .95 .21 4.48 < .001 .53 1.37
Data for visualizing…            

*****************************************************************************
ANALYSIS NOTES AND ERRORS
Level of confidence for all confidence intervals in output:
95.0000

—— END MATRIX —–

Eine Visualisierung der Ergebnisse kann mittels der process-eigenen Syntax innerhalb von SPSS erreicht werden – dieser Teil der Ausgabe ist in der Tabelle ausgeblendet. Etwas „schickere“ Abbildungen können mit den Vorlagen von Jemeremy Dawson realisiert werden: Link. Eine solche Abbildung ist nachfolgend für unser Beispiel dargestellt.

Beispielabbildung Interaktion

5 Interpretation

Gemäß unserer Vermutung führt das Förderprogramm zu einer Verbesserung der Lese-Fähigkeit, jedoch wird der Effekt bei Vorliegen einer Lese-Rechtschreib-Schwäche abgepuffert (gemildert). Darüber hinaus kann die Art der Interaktion als ordinal beschrieben werden, sodass beide Haupteffekte global interpretierbar bleiben.

Beispielabbildung Interaktion